Aktuelle Rechtsprechung: Erstausstattung: 200 € für die Anschaffung eines Sofas
Rechtsanwalt Helge Hildebrandt aus Kiel weist auf seiner Homepage "Sozialberatung Kiel" auf dieses Urteil des LSG Hamburg hin:
"Wird ein Sofa – hier durch Bettwanzenbefall – unbrauchbar, haben Bürgergeldbezieher einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Neuanschaffung eines Sofas, den das Landessozialgericht Hamburg mit 200,00 € beziffert hat.
Das beklagte Jobcenter Hamburg hatte eine Beihilfe zunächst mit der Begründung ganz abgelehnt, bei dem durch Bettwanzenbefall unbrauchbar gewordenen Sofa habe es sich nicht um einen Erstausstattungsbedarf im Sinne von § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB II gehandelt, sondern um eine Ersatzbeschaffungsbedarf. Nach entsprechenden rechtlichen Hinweisen des LSG Hamburg erkannte das Jobcenter sodann eine Pauschale in Höhe von 115,- € gemäß ihren Fachanweisungen als Zuschuss an. Die Kläger begehrten indessen weiterhin 450,- €. Das LSG Hamburg sprach den Klägern 200,- € zu.
Die in den Fachanweisungen des Jobcenters vorgesehene Pauschale in Höhe von 115,- € sah das Gericht als zu gering an. In § 24 Abs. 3 Satz 6 SGB II sei geregelt, dass für die Bemessung der Pauschalbeträge geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen seien. Diese Voraussetzungen sah das Gericht als nicht erfüllt an. So sähen die Fachanweisungen zwar Pauschalen für einen Ein- und Zweipersonenhaushalt vor, nicht aber für einen Vierpersonenhaushalt wie jenen der Kläger. Zudem seien die festgesetzten Beträge seit dem 1. Mai 2015 nicht angepasst worden, was angesichts der allgemeinen Preisentwicklung in der seitdem vergangenen Zeit bereits für sich genommen erhebliche Bedenken begründe. Zwar sei grundsätzlich ein Verweis auf Gebrauchtmöbel nicht ausgeschlossen. Allerdings lasse sich für den Gebrauchtmarkt für Sofas ein empirisch hinreichend abgesicherter Betrag nicht zufriedenstellend ermitteln: Der Gebrauchtmarkt für Sofas sei wenig stabil, das Angebot schwanke stark, die Qualität der günstig angebotenen Möbel könne vom Gericht nicht geprüft werden und die Online-Marktplätze böten auch keinen sicheren Kauf, weil Angebote kurzfristig von Anbietern wieder entfernt würden und verbindliche Kaufverträge erst bei der Abholung zustande kämen. In Sozialkaufhäusern hänge das Angebot zudem von den dort eingehenden Möbeln ab, so dass diese dort jedenfalls nicht durchgängig sicher zu bestimmten Preisen zur Verfügung stünden. Das Gericht orientierte sich letztlich nach einer eigenen Internetrecherche an dem günstigsten Dreiersofa, das für 200,- € angeboten wurde."
Urteil: LSG Hamburg, Urteil vom 05.04.2024 - L 4 AS 153/23 D
Quelle: Sozialberatung Kiel, 10.10.2024