Bundesregierung beschließt Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens
Die Bundesregierung hat am 01.07.2020 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Christine Lambrecht vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens beschlossen.
Alle Informationen sind der Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums (BMJV) zu entnehmen, in der sich auch der Regierungsentwurf und ein gut gemachtes Fragen- und Antworten-Papier findet (siehe Link unten).
Nach erster Durchsicht stellt der Entwurf eine Verschlechterung zum Referentenentwurf dar, auch wenn die sofortige Einführung der verkürzten Abtretungsfrist auch für Verbraucher - wenn auch nur befristet - zu begrüßen ist:
Der Entwurf sieht zur Vermeidung der befürchteten Missbrauchsfälle eine Reihe von flankierenden Änderungen vor, die erhebliche Auswirkungen für die Schuldner haben können bzw. haben werden. So soll u.a. der Obliegenheitskatalog des § 295 InsO dahingehend erweitert werden, dass das grob fahrlässige oder vorsätzliche Begründen unangemessener Verbindlichkeiten während der Laufzeit der Abtretungsfrist und eine damit einhergehende Beeinträchtigung der Gläubigerbefriedigung zur Versagung der Restschuldbefreiung führen soll. Verschärfend kommt hinzu, dass der Entwurf daneben die amtswegige Versagung der Restschuldbefreiung nach Prüfung durch das Insolvenzgericht vorsieht, wenn dem Gericht Umstände bekannt werden, die eine Begründung unangemessener Verbindlichkeiten belegen.
Weiter soll entgegen der bisherigen Regelungen durch Schenkungen erworbenes Vermögen zur Hälfte, Gewinne aus Lotterien, Ausspielungen oder anderen Gewinnmöglichkeiten in Gänze herauszugeben sein.
Wird auf Antrag nach dem 30.09.20 einem Schuldner die Restschuldbefreiung nach 3 Jahren ausgesprochen, soll in einem darauffolgenden Verfahren die Abtretungsfrist 5 Jahre andauern.
Die verkürzte Abtretungsfrist soll befristet für Anträge nach dem 30.09.2020 bis zum 01.07.2025 gelten. Ein Fortgelten der Regelungen soll von den Ergebnissen einer Evaluation abhängen.
Für Klient*innen, die vor dem 01.10.2020 Anträge stellen, soll sich nichts ändern. Im Rahmen einer Vertrauensschutzregelung wird vorgesehen, dass die im Vorjahr angekündigte suksessive Verkürzung der Restschuldbefreiung bestehen bleiben soll.
Praxishinweis:
Klarzustellen ist, dass es sich um einen Regierungsentwurf handelt, dessen inhaltliche Umsetzung nicht sicher feststeht. Mit Beschluss des Regierungsentwurfs ist der erste Schritt im formellen Gesetzgebungsverfahren gemacht. Inwieweit der Entwurf schlussendlich gebilligt oder auch noch geändert wird, bleibt abzuwarten.
In der Beratung muss der aktuelle Sachstand dargestellt werden und in die Beratung einfließen. Aufgrund der unklaren zukünftigen Rechtslage kann jedoch keine allgemeingültige Handlungsempfehlung gegeben werden. Ob ein Zuwarten zweckmäßig und empfehlenswert ist, ist für jeden Einzelfall gesondert zu betrachten.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung hat am 01.07.2020 eine Pressemitteilung zum Gesetzesvorhaben herausgegeben und fordert darin "eine einfache, unbefristete und vorbehaltlose Verkürzung des Verfahrens für alle natürlichen Personen ohne eine unnötige und kontraproduktive staatliche Überwachung."