Diskussion um "Hartz IV", Magazin Monitor heute Abend
Ausgehend von der mittlerweile revidierten Entscheidung der Essener Tafel, übergangsweise nur Menschen mit deutschem Pass neu in die Versorgung aufzunehmen, ist die Diskussion um "Hartz IV" politisch neu entbrannt und medial überaus präsent. Auch die Frage, ob ALG II Armut bedeutet oder nicht, steht wieder im Fokus.
Das sind alles keine neuen Fragen. Seit Einführung der Agenda 2010 im Jahr 2005 gab es von den Wohlfahrtsverbänden nicht nur kontinuierlich Kritik an dem System, sondern auch konstruktive Vorschläge für Alternativen. Die Politik hat sich einer grundlegenden Diskussion immer verweigert, gegenwärtig scheint sich etwas zu bewegen.
Auch die Sendung "Monitor" heute Abend nimmt das Thema auf. Dort kommt u.a. auch Stefan Sell von der Hochschule Koblenz zu Wort. Er kritisiert die vorgenommen Änderungen der Berechnungsgrundlagen der Regelsätze als Manipulation. Sell vermutet hinter der Weigerung der Bundesregierung, die Regelsätze zu erhöhen, vor allem fiskalische Gründe. Da sich der Grundfreibetrag für die Einkommenssteuer direkt aus dem Hartz-IV-Satz ableitet, würde sich der Freibetrag bei jedem Einkommenssteuerpflichtigen schlagartig erhöhen. Der Fiskus würde jährlich 15 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verlieren.
Im Folgenden finden Sie die aktuellen Positionierungen des Paritätischen, der AWO und der Diakonie zum Thema "Hartz IV".
Der Paritätische Gesamtverband: Konzept "Hartz IV hinter uns lassen" (Mai 2018)
Der Paritätische hat fordert einen konsequenten Paradigmenwechsel, der mit dem negativen Menschenbild, das dem System Hartz IV zu Grunde liege, bricht, und Respekt und die Würde des Menschen in das Zentrum des Hilfe- und Unterstützungssystems für Arbeitslose rückt. Insgesamt elf konkrete Reformmaßnahmen schlägt der Paritätische vor, die von einer Stärkung der Arbeitslosenversicherung, über die Abschaffung von Sanktionen und den Ausbau von Qualifizierungs- und öffentlichen Beschäftigungsangeboten bis hin zu einer Anhebung der Regelsätze auf ein menschenwürdiges Niveau reichen. Nach einer aktuellen Expertise der Paritätischen Forschungsstelle ist dafür eine Anhebung der Regelsätze für Erwachsene auf 571 Euro (statt derzeit 416 Euro) erforderlich. Darüber hinaus fordert der Verband die Einführung einer existenzsichernden Kindergrundsicherung.
AWO Bundesverband: "20 Forderungen für eine betroffenenzentrierte Reform des SGB II" (Dezember 2017)
Die AWO sieht in ihrem Papier den dringlichsten Nachbesserungsbedarf bei der Berechnung und Ermittlung der Regelbedarfe und fordert eine ehrliche Debatte darüber, wie das SGB II qualitativ und nachhaltig weiterentwickelt und finanziell besser ausgestattet werden kann.
Diakonie Deutschland: Ausgestaltung eines Regelinstrumentes "Teilhabe am Arbeitsmarkt für alle" (April 2018)
Die Diakonie sieht grundlegende Ansatzpunkte für eine Neuausrichtung des SGB II u.a. in einer bedarfsgerechten Anhebung der Regelbedarfe, der Abschaffung von Sanktionen, einer Verbesserung der Beratungsqualität in den Jobcentern, eines ausgeweiteten Angebots der öffentlich geförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und der beruflichen Qualifizierung und Weiterbildung, in Hilfestellungen zur sozialen Teilhabe und verbesserte Leistungen für Bildung und Teilhabe für Kinder und Jugendliche.
Statt kurzfristiger und wenig nachhaltiger Vermittlungslogik sollen längerfristige Integrationsstrategien, die den Menschen Perspektiven bieten, verfolgt werden.
Auf der Seite "Hartz IV: Was bietet der Regelsatz für ein menschenwürdiges Leben?" stellt die Diakonie Deutschland die wichtigsten Fakten zum Leben in Armut in Deutschland zusammen.