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Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nehmen Hundertausende in Deutschland Sozialleistungen wie "Hartz IV" aus Angst vor Stigmatisierung oder moralischer Scham nicht in Anspruch. Dadurch besteht eine vielfach größere Armut als statistisch messbar.

Diesem schon aus der "alten" Sozialhilfe bekannten und untersuchten Zusammenhang geht der aktuelle Wochenbericht des DIW nach. Die Quote der Nichtinanspruchnahme war im BSHG (vor über 20 Jahren erhoben) nahezu gleich hoch wie in der aktuellen Studie.

Fazit: "Die meisten Sozialleistungen werden nicht automatisch ausbezahlt, sondern müssen beantragt werden. Dadurch kann zwar die Bedürftigkeit der AntragsstellerInnen geprüft werden, das bedeutet aber auch, dass nicht alle Bedürftigen die Leistungen bekommen – weil viele sie nicht beantragen. In Deutschland beantragt ein großer Prozentsatz der Anspruchsberechtigten keine Sozialleistungen: bei Hartz IV wird die Quote der Nichtinanspruchnahme auf 43-56 % geschätzt und bei Grundsicherung im Alter sogar auf ungefähr 60 %. Wenn Sozialleistungen nicht in Anspruch genommen werden, können sozialpolitische Ziele – wie Armutsbekämpfung und Umverteilung – schwerer erreicht werden. [...]

Die Scham, auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein, wird häufig als Grund für eine niedrige Inanspruchnahme von Sozialleistungen genannt. Im Vergleich zu anderen Hemmnissen, wie beispielsweise mangelnden Informationen oder Transaktionskosten, gibt es aber nur wenig empirische Forschung zu den Effekten der Stigmatisierung von Sozialleistungen. In diesem Wochenbericht wird ein kontrolliertes Laborexperiment vorgestellt, dessen Ergebnisse folgende Hypothese stützen: Potentielle LeistungsempfängerInnen fürchten, als weniger leistungsfähig oder als „TrittbrettfahrerInnen“ wahrgenommen zu werden. Wenn die Inanspruchnahme für andere sichtbar ist, verzichten sie deswegen auf eine für sie vorteilhafte Transferzahlung. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine möglichst diskrete Gestaltung des Beantragungs- und Auszahlungsprozesses dazu beitragen kann, die Stigmatisierung abzubauen und somit die Inanspruchnahme von Sozialleistungen zu erhöhen."

 

 

Zusammenfassung und Download

 

 

 

Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein