Lebenssituation und Einstellungen von Eltern mit kleinen Einkommen
Wie sieht der Alltag von Familien mit kleinen Einkommen aus? Wie sehen ihre Erfahrungen aus, wo erleben sie finanzielle Engpässe, wie denken sie über die Förderung ihrer Kinder und einen möglichen sozialen Aufstieg? Welche Rolle spielt die staatliche Familienförderung in ihren Überlegungen?
Diesen und weiteren Fragen ist das Institut für Demoskopie Allensbach in einer qualitativen Befragung von Familien mit kleinen Einkommen nachgegangen.
Deutlich wird: Familien mit kleinen Einkommen benötigen
- bessere Betreuungsmöglichkeiten
- Entlastung bei den Betreuungskosten
- Hilfe bei der Bildung und Förderung der Kinder
- finanzielle Unterstützung
Aus der Zusammenfassung (ab Seite 61):
Neben den "normalen" Alltagssorgen sind die befragten Eltern viel mit ihrer wirtschaftlichen Lage beschäftigt. Erkennbar sorgt das kleine Einkommen für eine Reihe von Folgeproblemen.
Auswirkungen des kleinen Einkommens werden beim Wohnen erlebt, etwa wenn die Mieten zu hoch sind und es kaum bezahlbare Alternativen gibt.
Materiellen Druck erleben diese Eltern häufig bei ihren Versuchen, den eigenen Kindern so viel wie möglich von dem zu bieten, was andere Kinder auch haben. Belastend wirken aber auch die Kosten für die Kinderbetreuung sowie die Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Schulbesuch anfallen.
Ausgrenzungserfahrungen haben aber nur wenige Mütter und Väter gemacht.
Dauerhaft nicht berufstätig zu sein, können sich weder die Mütter noch die Väter mit kleinen Einkommen vorstellen. Insbesondere schrecken sie vor einem Bezug von SGB II-Leistungen zurück.
In der Regel kommen die Eltern mit ihren kleinen Einkommen aus. Die monatlichen Fixkosten können bestritten werden, einige können in sehr bescheidenem Umfang sparen. Probleme entstehen allerdings in fast allen Familien, wenn unerwartet größere Ausgaben entstehen. Dann müssen etwa Darlehen aufgenommen werden, die sich später nur schwer zurückzahlen lassen. Auch bei Ereignissen wie längerer Krankheit oder vorübergehender Arbeitslosigkeit kann das Gleichgewicht des Haushalts schnell ins Wanken geraten. Von daher haben viele das Gefühl einer gefährdeten Sicherheit "auf Messers Schneide", von der ein sozialer Absturz nicht ausgeschlossen ist. Für das Alter erwarten viele ein Absinken auf das Sozialhilfeniveau. Dabei werden die Erwartungen davon bestimmt, dass aktuell meist keine private Altersvorsorge betrieben werden kann. Mögliche zukünftige Verbesserungen haben dabei nur wenige vor Augen.
Der ständige Sparzwang sowie die steigenden Mieten und Nebenkosten, die Lebenshaltungskosten und Mobilitätskosten werden als belastend empfunden. Auch Kreditraten und Versicherungsbeiträge fallen schwer.
Die Familien wollen alle Ausgaben kontrollieren und möglichst gering halten. Eine darüber hinausgehende Finanzplanung lässt sich aber nicht erkennen. Zum Sparen reichen die verfügbaren Beträge nur bei wenigen. Darlehen werden vor allem für die Anschaffung von Möbeln oder PKWs genutzt; den Kauf oder Bau eines Hauses könnten nur wenige dieser Eltern finanzieren.
Zusammen mit dem Ethos der Selbständigkeit ("es möglichst aus eigener Kraft schaffen") wirken in dieser Gruppe auch die Furcht vor aufwendigen Anträgen und der schlechte Informationsstand als Hindernisse für die Beanspruchung staatlicher Hilfe.
Der Bericht enthält zu den jeweiligen Themenbereichen viele Originalzitate der Befragten, die ihn lebendig und authentisch werden lassen.
Ergänzend:
Prognos AG: Familien mit kleinen Einkommen wirksam unterstützen. Chancen für ein gutes Aufwachsen von Kindern sichern (2018)
Das Papier stellt wichtige Daten und Fakten zur Situation von Familien mit kleinen Einkommen zusammen und verdeutlicht, wie u.a. ein weiterentwickelter Kinderzuschlag diese Familien stärken könnte.