Überschuldung in Schleswig-Holstein 2017. Dritter Schuldenreport der Koordinierungsstelle
Die Koordinierungsstelle hat am 13.03.2018 im Rahmen des landesweiten Arbeitskreises in Kiel den Schuldenreport 2017 für Schleswig-Holstein vorgestellt. Damit liegt nun der dritte Bericht zur Lebenssituation der überschuldeten Menschen in Schleswig-Holstein vor, die langfristig in einer Schuldnerberatungsstelle beraten wurden.
Als Grundlage dient die Überschuldungsstatistik des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2016. Die Datenlage für Schleswig-Holstein ist repräsentativ, da sich alle Beratungsstellen an der Statistik beteiligen.
Für das Berichtsjahr müssen wir feststellen, dass sich die Trends der vergangenen Jahre verfestigt haben. Das bedeutet, dass sich trotz guter Konjunktur und sinkender Arbeitslosenzahlen nichts an der Lage der überschuldeten Menschen in Schleswig-Holstein verändert hat. Die Gründe liegen u.a. in einer zunehmenden Erwerbsarmut insbesondere im Niedriglohnsektor sowie in der Zunahme atypischer Beschäftigung. Diese Entwicklung führt zu einer weiteren Polarisierung von armen und reichen Haushalten.
Ratsuchende, die im Jahr 2016 in einer Schuldnerberatungsstelle beraten wurden,
- lebten fast zur Hälfte in Ein-Personen-Haushalten,
- waren fast zur Hälfte arbeitslos,
- hatten fast zur Hälfte weniger als 900 Euro im Monat zur Verfügung (deutlich unter der Armutsgrenze) und
- hatten zu 41 % keine Berufsausbildung bzw. keinen Hochschulabschluss.
Wir haben auch in diesem Bericht versucht, die „reinen“ Zahlen in einen fachlichen und gesellschaftlichen Zusammenhang zu stellen. Aus diesem Grund steht die Verortung der Schuldnerberatung als Soziale Arbeit gleich am Anfang des Reports. Diese Verortung bringt eine andere Sicht auf die Lebenssituation der Ratsuchenden mit sich, die ganzheitlich orientiert ist und den Blick auf soziale, wirtschaftliche und existentielle Not der hilfesuchenden Menschen lenkt. Davon leitet sich nicht zuletzt ein Qualitätsanspruch für die Schuldnerberatung ab.
Wo es möglich und sinnvoll ist, beziehen wir andere Statistiken in die Betrachtung mit ein, um neben der Beschreibung der Lebenslage Überschuldung auch auf strukturelle Ursachen von Überschuldung aufmerksam zu machen.
Nicht zuletzt ist damit die Intention verbunden, die Öffentlichkeit und Politik von der sozialpolitischen Notwendigkeit der weiteren Investition in ein bedarfsgerechtes Angebot für überschuldete Menschen zu überzeugen.
Das Schwerpunktthema des Berichts ist wieder an der Aktionswoche Schuldnerberatung orientiert, die in 2017 unter dem Thema „Überschuldete brauchen starke Beratung“ stand. Im Rahmen eines Fachtages wurden die Ergebnisse der Klient*innen-Befragung vorgestellt, die im Rahmen des Qualitätsprozesses in der Schuldnerberatung durchgeführt worden ist. Darin wurden Fragen zu Veränderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Klient*innen sowie zum Beratungsprozess gestellt. Die Klient*innen beschreiben die Wirkungen von Schuldnerberatung auf ganz unterschiedlichen Ebenen und stellen der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein ein ausgezeichnetes Zeugnis aus.
Schuldnerberatung wirkt – und darauf können wir stolz sein!
Im Jahr 2016 wurden landesweit 25.140 Personen beraten. Diese Zahl spiegelt die langfristigen Beratungsbeziehungen wider. 9.425 Kurzberatungen, z. B. im Rahmen von Krisenintervention, sind hier nicht erfasst. Die Zahl der Personen, die von Schuldnerberatungsstellen unterstützt wurden, ist daher wesentlich höher!
Uns schließlich: Der Report richtet sich nicht nur an Fachleute, sondern insbesondere an verschuldete und überschuldete Menschen, die wir zu einer frühzeitigen Kontaktaufnahme mit einer Schuldnerberatungsstelle ermutigen möchten.
Wir wünschen Ihnen eine informative Lektüre!
Die Koordinierungsstelle hat ebenfalls am 13.03.2018 eine Pressemitteilung herausgegeben, in der die zentralen Ergebnisse vorgestellt und sozialpoliitisch eingeordnet werden.
Hinweis: Die Zahl der beratenen Personen lässt keinen Rückschluss auf die Anzahl überschuldeter Haushalte in Schleswig-Holstein zu. Eine Expertise hat die Zahl der Privatpersonen mit Zahlungsproblemen für das Jahr 2010 mit rd. 218.400 Personen beziffert. Darin enthalten sind 117.400 absolut überschuldete Personen.Expertise